Leinonen_Gluttony

Jani Leinonen und seine bunten Wortspielereien

Pop Art aus Logos und Symbolen der Konsumwelt

Beitragsbild: Gluttony -Die Völlerei, Masslosigkeit, – hier in verblüffender Ähnlichkeit zu Pizza Hut

Ich habe einmal geschrieben, dass gegenständliche Malerei uns die Zeit näher bringt, in der sie entstanden ist. Jegliche Malerei widerspiegelt den Zeitgeist, aber nur die gegenständliche Malerei zeigt uns, wie die Menschen lebten, wie sie sich kleideten, wie ihr Umfeld aussah, wie die Landschaft sich präsentierte, und wie neben der sozialen oft auch die politische oder religiöse Situation gespiegelt wird. Wir erfahren also ziemlich vieles.

Darstellung – Titel – Gefühlswelt

In der abstrakten, nicht figurativen Kunst fallen alle diese Komponenten weg. Wir sollen die Gefühle, die innere Welt des Künstlers/Künstlerin wahrnehmen. Selber spüren, was damit gemeint sein könnte. Nicht selten fühlen wir uns beim Betrachten solcher Bilder aber ziemlich hilflos, denn wir verstehen den Sinn und die Aussage nicht, vor allem, wenn sie einen Titel haben, der uns sagt, was wir sehen sollten. Wenn aber ein abstraktes Werk mit der Kraft seiner genial gelungene Komposition zu strahlen vermag, kann man es auch genießen ohne zu verstehen, was es darstellen soll, denn allein die Komposition aus Formen, Farben und Anordnung kann uns auf Gefühlsebene so ansprechen, dass wir keiner Erklärung oder Deutung bedürfen. Wir können ein solches Werk zwar genießen, es kann uns viel bedeuten, aber trotzdem werden wir nichts über das Leben der Menschen und ihre Umwelt erfahren.

Wort und Text mit Bildsprache verknüpft

Nun, was werden die nachfolgenden Generationen von den Werken eines Joni Leinonen und anderer halten? Was können sie draus erkennen und ableiten?

Falls sie das Glück haben, dass Kunstgeschichts-Gelehrte und Bücher sie darüber aufklären, was Joni Leinonen bezweckte und worum es ihm in seinen Werken ging, können sie die Bedeutung verstehen. Aber wenn sie einfach davor stehen, und sich fragen, was diese Kompositionen ihnen sagen wollen, werden sie wahrscheinlich ratlos bleiben, obwohl Leinonen durchaus Gegenständliches verarbeitet und wir genau erkennen, was wir da sehen. Er arbeitet ja oft mit Worten und Text.

Wer aber nicht in der Zeit der Lebensmittel-und Pharmaindustrie und aller andern Firmen-Giganten und Multis lebte, versteht diese Bildsprache und Botschaften nicht.

Food Aktivist

Wir als seine Zeitgenossen wissen, dass der finnische Künstler Leinonen sich weltkritisch gibt. Er will aufrütteln, anprangern, zum Denken anregen.

Leinonen ist ein Food-Aktivist. Es ist bekannt, dass er mit allerlei legalen und illegalen Mitteln den grossen Nahrungsmittel-Konzernen zu schaden versucht. Da hat er natürlich völlig recht..

Aber man kann sich schon fragen, ob der Weg über die Kunst da überhaupt der richtige Ansatz ist. Nimmt das überhaupt jemand ernst? Seine Botschaften möchte man vielleicht lieber in einem seriösen Text lesen. Wenn man es aber richtig bedenkt, ist die Kombination Kunst und Kritik perfekt, um sich über neue Kanäle Gehör zu verschaffen.

Jani Leinonen, museum-of-contemporary (1)
Jani Leinonen, museum-of-contemporary (1)

zum denken anregen!

Er versteht es, mit seinen grandiosen, intelligenten und witzigen Kreationen zu verwirren, zu irritieren und zum Denken anzuregen.

Ist es fragwürdig, peinlich, abstossend oder gut, wenn ein Künstler wie Leinonen sich als Protestler zeigt und gerade mit dieser Art von Kunst sein (gosses?) Geld macht, obwohl er doch vom Ende des Kapitalismus träumt, wie wir aus einem unten aufgeführten Zitat erfahren. Dieser Widerspruch kann einen stören oder man kann ihn grosszügig übergehen. Die Paradoxie bleibt möglicherweise sogar unerkannt.

Ich muss gestehen, ich hatte zu Beginn Mühe damit, dass solche Botschaften auf teurer Hochglanz-Kunst vermittelt werden.

Kunstwerk oder Botschaft?

Es mag ja hübsch aussehen, wie er seine äusserst knall-farbigen Sujets aus der Fast-und Convenience Food Werbung zusammenstellt und mit abgeänderten Worten jongliert, sodass altbekannte Worte oder Slogans eine neue Botschaft in sich tragen und alles eine erstaunliche Wende nimmt, die uns zu denken gibt. Trotzdem bleibt die gesamte, höchst kritisch gemeinte Aussage ziemlich schal, weil sie als Kunst daher kommt und wir sie auch als Kunst wahrnehmen. Was steht im Vordergrund? das Kunstwerk oder die Botschaft?

Jani_Leinonen_Aussage
Jani_Leinonen_Aussage

Der Zweck heiligt die Mittel?

Man fragt sich dauernd, ob er sein Metier nur als Spiel betreibt, bei dem er sich des Politischen bedient, um mehr Aufmerksamkeit zu erlangen? Im Sinn von „Der Zweck heiligt die Mittel“?

Hier steht: The most terrible things: war, genocide and slavery have resulted not from disobedience but from obedience.

Die Plastik sagt: : die schrecklichsten Dinge wie Krieg, Völkermord und Sklaverei sind nicht durch Ungehorsamkeit entstanden, sondern durch Gehorsam.

Englische Zitate

Wenn ich das Untenstehende Zitat lese, denke ich allerdings, Leinonen macht sich ehrlich Gedanken über unsere Welt und er stellt sogar richtig wertvolle Fragen.

Und wenn er sagt: „they will try to make our protest into a harmless, moral protest“,

dann hat er damit völlig recht, denn genau das geschieht auch mit seinem künstlerischen Schaffen. Seine Botschaft wird zum Träger degradiert, auf der er seine Kunst aufbaut. Am Schluss zählt nur noch seine Kunst. Die Botschaft geht zwar nicht verloren, aber sie bleibt meiner Meinung nach reines Gerüst, das seine Kunst rechtfertigt und transportiert.

Leinonen has had enough of a world where recycling Coke cans, giving a couple of euros for charity or buying a Fazer chocolate bar where 5 cents go to third world starving children is enough to make us feel good. He has had enough of a world where real alternatives are impossible to imagine. Why is it so easy for us to imagine the end of the world, an asteroid destroying all life on earth, but we cannot imagine the end of capitalism?

http://janileinonen.com/info/

Why do they tell us it is possible to rent a private spaceship and fly to the moon but it is impossible to raise taxes by little bit for the rich? Why do they tell us genetic engineering makes us immortal but it´s impossible to demand ethical investing of our own pensions and savings? There is something fundamentally wrong in the world where we are offered immortality and moon flights but we cannot guarantee everybody their basic human rights ? because it might damage our economy.

Art is a lie that reveals the truth. And the truth is that we are allowed to think about alternatives. Conflicts keep spreading, social and economical differences keep widening, and our ecosystem is on the verge of breakdown. If the taboo is broken, we do not live in the best possible world. So, we know what we do not want. But what do we want? What social organization can replace capitalism?

Jani Leinonen knows that the same way he is offered coffee without caffeine, beer without alcohol, ice cream without fat, they will try to make our protest into a harmless, moral protest. A decaffienated protest. That is why we have to promise to ourselves that we will not someday just go home and then we will meet once a year, drinking beer, and nostalgically remembering? We were so young. What a nice time we had. Promise.“

Leinonen_Pride
Leinonen_Pride, aufgenommen an Leinonen Ausstellung im Baur au Lac, Zürich

aus we-make-money-not-art.com On January 31, 2010 a life-size statue of Ronald Mc Donald was abducted from a McDonald’s fast food joint in central Helsinki. The kidnapping took place in broad day light as the video below demonstrates:

Somehow, the Finnish police managed to discover the identity of one of the food activists: artist Jani Leinonen. They raided his home, seized mobile phones and computers, threw him in jail for thirty hours and heroically freed Ronald the “hostage”.

It wasn’t the first time Leinonen’s artworks engaged with food products, satirizing and dismantling their symbols and marketing strategies but this action proved too much for the authorities and the fast food chain. As Leinonen explained in an interview “I thought I was just stealing a store decoration, but I must have done something much worse.”