Romanik (ca 950 – 1240 )

Der Begriff „Romanik“ für Architektur und Kunst in der Zeit zwischen ca. 950 – 1250 entstand erst um 1825. Er wurde vom französische
Kunsthistoriker de Gerville und auch von dem deutschen Kunstsammler Sulpiz Boisserée (1783-1854) geprägt. Romanik ist eine
mittelalterliche Stilrichtung Europas, die Kunst, Architektur und Bildhauerei prägte. Der Stil entstand nach dem Zerfall des römischen
Reichs und ist in allen Teilen Europas, wo die Römer ihre Provinzen hatten, aufzufinden.

Grob gesehen von 950 – 1240 (abhängig vom Gebiet/Land)

Gliederung:

  • Früh-Romanik (Ende 10. Jahrhundert bis 1070)
  • Hoch-Romanik (1070-1150)
  • Spät Romanik (1100-1150)

Die Übergänge sind fliessend und je nach Region zeitlich unterschiedlich einzuordnen. Beginn und Ende der Romanik sind in den
einzelnen Regionen jeweils unterschiedlich anzusetzen. In der Spät-Romanik baute man teils auch schon gotisch. Die Elemente der
beiden Richtungen begannen sich zu vermischten, bis sich der gotische Stile etabliert hatte.

Typische Merkmale der Romanik:

Architektur :

  • Hauptthema der Romanik ist der Sakralbau. Er diente als schützender Andachtsraum für die Christen, als Wahrzeichen des Ruhms der Stifterfamilien, als Schatzkammer für Reliquien und oft auch als Begräbnisstätte für Adlige und Bischöfe.
  • Romanische Kapellen dienten bei Angriffen auch als Festung.

Merkmale:

  • schlicht, schwer und wuchtig.
  • Kreuzgratgewölbe und Rundbögen sind bestimmende Stilelement.
    Runde Fenster, Portale, Friese.
  • Säulen, Kuppeln und Rundbogen hat man von der römischen Architektur, vor allem der Basilika (Gerichts-oder Handelshaus)
  • übernommen.

Die Verbreitung des Christentums in Europa im Frühmittelalter führte ab dem 8. Jh. zum Bau von Kirchen und Klöstern. Vorwiegend
irische und angelsächsische Mönche, die mit der Steinbautechnik bereits vertraut waren, trugen wesentlich zur Weiterentwicklung der
Steinbaukunst bei. Vor allem die Benediktiner- und Zisterzienser-Orden förderten den romanischen Kirchenbau. Ab dem 11. Jahrhundert
arbeiteten auch Conversi an den Bauwerken. Diese Männer, sogenannte Laienbrüder, wurden zu Steinmetzen ausgebildet, lebten im Kloster,
hatten aber kein Gelübde abgelegt.

2018 05 Mont Saint-Michel Notre-Dame sous Terre 02

Abtei der «Notre Dame sous Terre» des Wallfahrtortes Mont Saint Michel , Bretagne

Mont Saint Michel: bereits im 10 Jahrhundert bauten Mönche auf dem Felsen im Meer vor der Atlantikküste (Frankreich, Bretagne) eine romanische Kappelle zu Ehren des Erzengels Michael, der den Drachen besiegt haben soll. Später wurde darüber eine neue, grössere Klosterkirche/Kathedrale im gotischen Stil gebaut. Der gesamte Mont Saint Michel Komplex ist eine grosse, äusserst kompliziert ineinander und übereinander verschachtelte und aufgetürmte Gebäude-Konstruktion. Da der Fels bei Flut ringsum von Wasser umgeben wird, ist eine Pilgerwanderung dorthin mit grösseren Gefahren verbunden.

Notre dame sous terre - Mont-Saint-Michel -2009-10-30 03

Wandgemälde in der «Notre Dame sous terre», Mont Saint Michel, Bretagne

romanische Krypta in Bretagne, Lanmeur
romanische Krypta in Bretagne, Lanmeur

Malerei :

  • Generell : Körperlose Darstellungen und fehlende räumliche Perspektive, oft ohne Hintergrund, also zeit und ortlos.

Im Grossformat:

  • Vorwiegend Bibelszenen, häufig mit Symbolkraft, gemalt auf Wänden in „Fresko Malerei“ (Farbe auf den feuchten Putz aufgetragen) mit Ergänzungen „al secco „ (auf den trockenen Grund aufgetragen.

im Kleinformat:

  • Bibelszenen auf Pergament in Büchern
geistliche Szene aus-La-Seu-dUrgell
Romanik, Malerei, geistliche Szene aus-La-Seu-dUrgell, Spanien
Romanik, Malerei mit weltlichem Motiv, Heinrich II
Romanik, Malerei mit weltlichem Motiv, Heinrich II
romanische Buchmalerei
romanische Buchmalerei

Plastik/Skulpturen: erste figürliche Gross-Werke entstehen.:

  • in Stein gemeisselt an den Wänden, Portalen und Säulen der Kirchen.
  • Der Braunschweiger Löwe (um 1166), älteste bekannte freistehende Großplastik des Mittelalters nördlich der Alpen
romanische Steinfigur, Relief an Kirchenmauer
romanische Steinfigur, Relief an Kirchenmauer, Engel
Braunschweiger_Loewe_Original_Brunswick_Lion
Braunschweiger_Loewe_Original_Brunswick_Lion

links: Dreikönigsschrein, Detail: Matthäus, 1181, Kölner Dom
recht: Oswald-Reliquar, Kopf mit Krone, ca. 1300

Glaskunst

Auch Kirchenfenster aus buntem Glas wurden gestaltet.
Romanische Glasmalerei hat sehr selten bis heute überstanden.
Die vier originalen Fenster mit großen Prophetengestalten im Augsburger Dom sind die älteste noch erhalten Fragmente.
Berühmt sind auch die Romanischen Glasfenster mit theologischem Programm der Abteikirche von Saint-Denis und der Kathedralen von Chartres und Canterbury.

Romanische-Glasfenster_Augsburger Dom
Romanische-Glasfenster_Augsburger Dom, Apostel

Musik

Minnesang: gesungene Liebes-Lyrik, vorgetragen von einem Ritter an eine meist adelige, hochverehrte Frau.
(z.Bsp. Walther von der Vogelweid: Ritter, Poet, Musiker, Komponist (1170 – 1230)

Inhalt der romanischen Kunst:

  • biblischen Geschichten
  • Mythen aus der germanischen und antiken Sagenwelt.

Man bedenke: Damals waren die meisten Leute Analphbeten. Um ihnen die Bibel verständlich zu machen, stellte man die Szenen in Bildgeschichten dar.

Geschichte

Im Jahr 400 kam es zu einem dramatischen Wandel im riesigen römischen Reich: die Römer verloren ihre Provinzen in West, Mittel- und Nordeuropa, weil sie durch die damals von Ost nach West einsetzende Völkerwanderung der Germanen massiv unter Druck gerieten.

Das Gebiet östlich des Rheins und nördlich der Donau, wo diese Stämme siedelten, wurde ja von den Römern als Germania magna oder Barbaricum bezeichnet. Die Germanen (Goten, Sachsen, Franken, Angelsachsen und andere), welche den Römer mit ihrer Widerspenstigkeit stets Sorgen bereitetet hatten, wollten sich weder unters Joch werfen noch integrieren lassen und begannen schliesslich nach Westen zu wandern und alles, was ihnen im Weg stand, entweder zu übernehmen oder kriegerisch zu unterwerfen. Die Vandalen, auch einer dieser plötzlich los wandernden germanischen Volksstämme, schafften es sogar bis nach Nordafrika. Später starteten sie von Afrika aus einen Eroberungszug nach Norden und zerstörten schliesslich die Stadt Rom vollkommen. (von da kommt das Wort Vandalismus).

Karl der Grosse

Nach dem Niedergang des römischen Reiches, trat im 8. Jahrhundert ein fränkischer (germanischer) König namens Carl aufs politische Parkett und machte von sich reden. Er reiste viel in seinen Ländereien umher und beabsichtigte, ein Reich zu errichten, das an Grösse und Macht dem untergegangen römischen Reich in nichts nachstehen sollte.

Durch Eroberungen, sei es durch Krieg oder Manipulation, konnte er sein Herrschaftsgebiet stetig erweitern. Sein Ziel war, sich zum Kaiser über alle ihm untertänigen Könige krönen lassen. Dazu brauchte er den Papst. Durch geschickte Manöver gelang es ihm, den Papst so weit zu beringen, ihn als von Gott eingesetzten Kaiser zu krönen. 

Seine Macht und sein Können/Geschick brachten ihm den Beinamen „Karl der Grosse“ ein.

Karl der Grosse war der erste, der nördlich der Alpen den Steinbau als Auftraggeber von den Römern übernahm. Damit begründete er sozusagen die Vorromanik.

Karl der Grosse wählte Aachen zum Mittelpunkt seines Reiches und liess sich dort ca. im Jahr 800 eine Kaiserpfalz mit dazugehörender Pfalzkapelle (Marienkirche) in Form eines Octagons (8 Ecken) errichten. Später  wurde das Gebäude erweitert und zum Kaiserdom ausgebaut. Um das Bauwerk zu errichten, holte sich Karl die Spezialisten dieser Baukunst aus dem Süden, weil das Wissen um diese Baukunst in seiner Gegend nur spärlich bekannt war.

Aachener Dom Rundkuppel-Octagon im romanischen Baustil
UNESCO Weltkultur Erbe

Aachen_Dom-Kuppel
Aachen_Dom-Kuppel, Foto Thomas Wolter , pixabay

Der Baustil des wunderbaren, heute noch gut erhaltenen Octagons ähnelt den Herrschaftskapellen aus dem byzantinischen Kulturbereich.

Aachen Dom Kuppelmosaik Detail 2

Detail aus der Domkuppel von Achen.

2 weitere Beispiele für Octagon-Bauten  

– die im damaligen Konstantinopel (Istanbul) im 6. Jahrhundert erbaute Sergios und Bakchos Kirche, die heute eine Moschee ist

– die Kapelle in Ravenna (Italien)

Viele romanische Bauten gingen verloren, weil sie später durch gotische ersetzt wurden (besonders in Frankreich) oder von Heiden zerstört wurden, die sich dem Christentum widersetzten.

Einige bekannte romanische Bauten

Jahr 775: Convent St. Johann, gestiftet von Karl dem Grosse, Mustair, Graubünden, Schweiz

Jahr 910: Benediktinerkloster Abtei von Cluny, Burgund, Frankreich

1045: erster Bau der Westminster Abbey, London (heute zeigt sich die Kirche in gotischem Erscheinungsbild, weil später so viele gotische Erweiterungen gemacht wurden.

Man unterteilt die Baukunst der (Vor)-Romanik in 3  Epochen, genannt nach den Herrscherhäusern/Geschlechter, welche einander zeitlich folgten:

Merowingisch (bis 750)

Karolingisch (750-920)

Ottonisch (920-1024)

Gesellschaft/Gesetz:

«Recht» und Gerichtsbarkeit im Mittelalter

Alamannisches Gesetzbuch von 717

Mit dem Zerfall des römischen Reiches wurde auch das römische Recht nicht mehr angewandt. Auch die althergebrachten germanischen Stammes-Rechte waren überholt. 717 schreib der alemannische Herzogs Lantfried ein lateinisches Gesetzbuch, das nun auch Einflüsse aus dem christlichen Gedankengut enthielt:

  • Kirchenasyl: Sklaven, die in eine Kirche flüchteten, durften nicht mehr belangt werden von ihren Herren. Vermittlung und Schlichtung durch Priester waren ihnen zugesagt.
  • Blutrache bei Mordfällen wurde teils durch Bussgeld ersetzt.
  • Sonntagsarbeit wurde verboten.

Fehden

Diese bewaffneten Auseinandersetzungen unter Rittern (zwischen Einzelnen oder Sippen), um eigene Rechtsansprüche durchzusetzen wurden zur allgemeinen Plage.
Im 11. Jahrhundert versuchte die Gottesfrieden – Bewegung die überhand nehmenden Fehden einzudämmen. Der deutsche König Heinrich III. griff die Idee auf und erliess Friedensgebote, die Fehden unter Strafe stellten. Im Ewigen Landfrieden von 1495 wurden die Fehden endgültig verboten.

Barbarische Prozesse, Folter und Strafen, «Gottesurteile»

aus: www.geschichte-schweiz.ch

„In Fällen, wo weder eindeutige Zeugenaussagen noch ein freiwiliges Geständnis vorlagen, wurde entweder versucht, ein Geständnis unter allerlei Foltermethoden zu erzwingen oder aber man verliess sich auf ein sogenanntes Gottesurteil: der Angeklagte wurde in einen Sack eingenäht in einen Fluss geworfen oder musste über glühende Kohlen gehen usw.: überstand er dies unverletzt, dann hatte Gott dem Unschuldigen geholfen, ansonsten ging man davon aus, dass der Schuldige die gerechte Strafe gefunden habe.

Auch die Vorstellungen davon, was eine gerechte Strafe sei, waren ganz anders als heute: Erhängen oder mit dem Schwert enthaupten waren noch vergleichsweise humane Hinrichtungsarten. Wer mehr Pech hatte, wurde auf dem Scheiterhaufen verbrannt, in kochendem Öl gesotten, auf ein Rad gespannt, bis die Knochen brachen und er erstickte, oder wie die burgundische Königin Brunhilde im Jahr 613 während drei Tagen gefoltert und dann von Pferden zu Tode geschleift.

Beginn des Hexenwahns : volkstümlicher Zauber- und Aberglaube (Flug auf dem Besen, Verwandlung in Tiere, böser Zauber), keltische Bräuche (Walpurgisnacht), Spekulationen der kirchlichen Theologie (Teufels- und Dämonenglaube) liessen den Hexenwahn erstehen.

Federführend waren dabei berühmte (und als Frauenverächter berüchtigte) Theologen wie Augustinus (354 – 430) und Thomas v. Aquin (1225 – 1274)

Mit dem Hexenhammer (Papst Innozenz VIII. [= «der Unschuldige» !??!]) erlangte der Hexenwahn den Höhepunkt sowohl bei der Zahl der verfolgten Frauen wie auch bei der unmenschlichen Grausamkeit, mit der kirchliche (päpstliche) Inquisitoren [Untersuchungsbeamte] gegen unschuldige Opfer vorgingen. Es scheint, dass das Wissen weiser Frauen über Kräuter und «Hausmittel» und besonders ihre Kenntnisse in der Empfängnisverhütung und Geburtshilfe als Gefahr für die Macht der Kirche betrachtet wurden.